Der Fluch der Tabellenletzten - eine neue Folge unserer weekly soup
 
Spielstatistiken
Chemnitzer FC Einzelheiten HSV (A.)
Hiemann
:
CFC - HSV (A.) 1:4
Sa. 24.08.02 - 14.00 Uhr - 5. Spieltag
Zuschauer: 3334 (15)
 
Torfolge
1:0 Krieg (12.)    
    1:1 Schindler (37.)
    1:2 Bester (81.)
    1:3 Schindler (84.)
    1:4 Shaopurzahed (85.)
 
Schiedsrichter
Henschel (Braunschweig)
Hillenbrand
Göhlert Grote
Mehlhorn Benjamin
Zedi Dogan
Walther Mahdavikia
Tschipev Schindler
Biermann
(70. Vesovic)
Christensen
(79. Shaopurzahed)
Meissner Jacobsen
Krieg Leschinski
Demir Bester
König
(46. Rolleder)
Moheit
(85. Streit)
 
Von Thomas Haubold
 

Acht Tage sind seit dem Verlspiel vergangen, in dem den CFC-Spielern das Vereinsnovum gelang, innerhalb der letzten Minuten den sicheren Sieg noch zu vertändeln. Viel Wasser ist seither die Elbe herunter geflossen und Fans und Verein hatten Gelegenheit, die Geschichte zu verdauen. Schlagzeilen, wie "werden mit Wut im Bauch spielen" und dem reflexartigen Versprechen nach Wiedergutmachung wurden der schreibenden Zunft zu Protokoll gegeben.
Die Ausgangsituation für dieses Unterfangen war auch nicht schlecht, reiste doch mit den Amateuren des HSV das Schlusslicht an die Gellertstraße. Dazu noch strahlender Sonnenschein, mit Vesovic als Neuzugang und dem Wiedergenesenen Mehlhorn neue Alternativen in der Abwehr - das Unternehmen Sieg konnte beginnen. Zwar war Fröhlich gesperrt und Schmidt verletzt, aber das sollte eigentlich keine Rolle bei diesem Kontrahenten spielen.
Mal was Neues gab es auf den Rängen, als die Zschopauer Zipfelmützen mit eigener Choreo aufwarteten, dazu die stimmungstechnisch gute Startphase mit den üblichen Doppelhaltern und Fahnen aus Ultra-Reihen, nachdem diese ihre Scharmützel mit Rückert und Peter Müller ausgestanden hatten. Der Rahmen passte.
Und auch auf dem Spielfeld schienen die Spieler zu wissen, was die Stunde geschlagen hatte. Trainer Schulz hatte mit König einen dritten Stürmer auf den Platz gestellt und entsprechend schwungvoll gestaltete man die Anfangsphase. Hamburg hatte sich zwar der Unterstützung einiger Spieler der 1. Mannschaft versichert, aber davon war zunächst nichts zu spüren. Auf breiter Front rollten die Angriffe, bestes Beispiel dafür ist, dass mit Zedi schon in der 4. Minute ein Abwehrmann die erste Chance von der rechten Flanke vorbereitete. Das Mittelfeld steht kompakt und zweikampfstark. Weiter gehts mit Möglichkeiten in kurzen Abständen. Aber noch fischt Hillenbrand Walthers Schussversuch weg. In der 12. Minute bereitet Meissner mit einem schönen Seitenwechsel den Angriff vor. Demir nimmt auf und spielt einen Lupfer genau in den Lauf des bis in die Haarspitzen motivierten Krieg. Annahme mit der Brust, den Hamburger Torer umkurvt und eingelocht. Das war ein schickes Tor und Ausdruck der Überlegenheit in der Anfangsphase. Die Ränge honorieren das mit prächtiger Partystimmung.
In der Folge kommen die Nordländer besser zum Zuge, weil Chemnitz mit dem immergleichen Fehler, sich nach einer Führung zurückzuziehen, mehr Räume anbietet. Folgerichtig erreichen die technisch versierten Hamburger Ausgeglichenheit. Die Abwehrsicherheit der Himmelblauen läßt Bedenken aufkommen. Aber noch scheitern die Gäste an sich selbst. In Minute 37 dann wieder solch ein Gegenzug. Gut 20 Meter vor Hiemanns Kasten hält Zedi den Fuß raus - Freistoß. Die Ausführung war für den neutralen Zuschauer Jubels wert. Rechts um die Abwehr herum zirkelt Schindler den Ball. Hieme kann nur noch zuschauen, als die Kugel vom Innenpfosten ins Netz tropft. Der Ausgleich ist ob der Chemnitzer Passivität berechtigt. Lähmendes Entsetzen auf den Rängen und acht Minuten später Dankbarkeit, als zur Halbzeit gepfiffen wurde.
Ob Trainer Schulz verkündet hat, nur die erste Hälfte eines jeden Spiels geht in die Wertung, ist nicht überliefert. Jedenfalls kann der HSV quasi ab Wiederanpfiff tun und lassen, was er will. Allein Hieme ist es zu verdanken, dass das Unentschieden die 48. Minute überlebte. Grote kommt allein auf ihn zugelaufen, macht eigentlich alles richtig, indem er zunächst die Reaktion abwartet und dann abschließt. Aber der alte Fuchs bringt seinen Teleskopfuß zum Einsatz und kann irgendwie den Torerfolg vereiteln. Üblicherweise sind solche Aktionen dazu angetan, die einen aufzurütteln und die anderen verzweifeln zu lassen. Aber solche einfachen Fußballregeln gelten beim CFC nichts. Die Raumaufteilung geht zunehmend in die Binsen, die Lücke zwischen Mittelfeld und Angriff wird immer größer. In der Zwischenzeit hat Rolleder König ersetzt, der heute nicht recht zum Zuge kam. Später wird mit Biermann ein weiterer Schwachpunkt des himmelblauen Spiels ersetzt. Vesovic hat seinen ersten Einsatz. Was eigentlich als neuer Impuls gedacht war, verpufft in der zunehmenden Unfähigkeit, auch einfache Bälle fehlerfrei anzuhalten, die Mitspieler ins Spiel einzubeziehen. Noch bleibt das ungestraft und den Hamburger Chancen kann Himmelblau Aktionen durch Walther und Demir, der aber heute nicht an die letzten Spiele anzuknüpfen vermochte, entgegensetzen. Letzterer leistete sich den unverzeihlichen Luxus, in Überzahl selbst den Abschluss zu suchen, statt auf den völlig freien Krieg abzulegen. So kann keine Führung erzielt werden.
Dass solche Chancenverwertung bestraft wird, hatte man vor Wochenfrist erfahren. Und tatsächlich kam es wie es kommen muss. Ein schneller Gegenzug auf links, Flanke, und Bester drischt das Leder aus Nahdistanz in die Maschen. Aber es kommt noch schlimmer. Zedi segelt im Strafraum, die gestreckten Beine voran, in seinen Gegenspieler. Der Elfer für mich berechtigt und Schindler bedankt sich artig mit seinem zweiten Tor. Spätestens jetzt ist aus dem Abwehr-Torso ein offenes Scheunentor geworden. Begünstigt durch indiskutable Laufbereitschaft und Zweikampfverhalten, Meissner beispielsweise kann dreimal kurz hintereinander den Ball nicht behaupten, sieht sich der HSV mit dem Problem konfrontiert, sich intern einigen zu müssen, welcher der wahlweise zwei bis fünf freistehenden Spieler das Tor erzielt. Und so findet man die Variante, Jakobsen von der Grundlinie flanken zu lassen und Shapourzadeh muss sich darauf konzentrieren, nicht den Kopf wegzuziehen, um aus drei Metern das 1:4 zu erzielen. Die letzten 5 Minuten gehen unfallfrei zu Ende, das Fiasko hat seine Fortsetzung gefunden. Über die Höhe der Niederlage muss man sich nicht beschweren, die geht so in Ordnung. Ehrlich gesagt: es hätten auch ein, zwei Treffer mehr sein können. Da darf man sich fast bedanken, dass die Bubis von der See sich erst spät an das eigentliche Spielziel Toreschiessen erinnert hatten.
An der Stelle kommt üblicherweise die hellseherisch anmutende Feststellung, dass im nächsten Spiel eine dramatische Steigerung vonnöten ist. Sparen wir uns das und schauen stattdessen gebannt auf den am Dienstag folgenden Ausflug nach Kiel. Die haben trotz ihrer aktuellen Tabellensituation Glück im Unglück, denn den CFC empfangen sie als Tabellenletzten. Ein gutes Omen für die Holsteiner? Hoffentlich nicht. Es sollte doch gelingen, sich nicht ein drittes Mal in Folge so taub anzustellen. Diesen Ehrgeiz muß jeder einzelne Spieler haben, der Anspruch an die eigene Person muss zu einem Einsatz führen, der nur einen Auswärtssieg zulässt. Alle sollten sich ein Beispiel an Rainer Krieg, den das letzte Spiel sogar derart beflügelte, dass er Laufduelle mit den 23-jährigen sicher gewann, und Holger Hiemann nehmen.
An der Stelle noch ein persönliches Wort zum Chemnitzer Publikum. Dass es sich in der breiten Masse nicht direkt durch überzogene Emotionalität auszeichnet, ist bekannt. Aber dass Leute, die ein Spiel schweigend ertragen, das einzige Mal verbal in Aktion treten und den höchsten Dezibelpegel generieren, um "wir ham' die Schnauze voll" zu skandieren, was ohne Zweifel seine Berechtigung hatte, ist schäbig. Ist es denn zuviel verlangt, einmal mit gleichem Engagement die eigene Mannschaft anzufeuern und das nicht nur den üblichen 2-300 Leuten zu überlassen?? Da sollte mal jeder in sich gehen, ob er den maximalen Beitrag für ein erfolgreiches Spiel gibt. Der CFC sind nicht nur die Spieler sondern auch die Fans. Und da haben viele einen ziemlichen Nachholbedarf, um auf Regionalliganiveau zu kommen.

 
Einzelkritik:
Holger Hiemann - 1,5
Daniel Göhlert - 4
Rudolf Zedi - 4,5
Ulf Mehlhorn - 3,5
Stefan Meissner - 4
Ingo Walther - 3,5
Andreas Biermann - 4,5
Tzvetomir Tchipev - 3,5
Ersin Demir - 3,5
Rainer Krieg - 1,5
Ronny König - 4,5
Steve Rolleder - 3,5
Alexander Vesovic - 4
 
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