Der Verein - Geschichte

 
Die Jahre 1989 und 1990

1988 nahm mit Hans Meyer, dem heutigen M'gladbacher Trainer ein Mann auf dem Trainerstuhl platz, der schon Carl Zeiss Jena ins Europacupfinale geführt hatte. Ihm stand jetzt in Karl-Marx-Stadt eine Mannschaft zur Verfügung, wie es sie in ihrer Spielstärke seit Jahren nicht mehr gegeben hatte. Den vielen jungen Talenten wurden mit Dirk Barsikow, Detlef Müller oder Jens Mitzscherling erfahrene Leute zur Seite gestellt, die eine wirkungsvolle Mischung verkörperten. Am Schluss standen mit einem dritten Platz und der damit verbundenen ersten Europacup-Qualifikation seit 22 Jahren zählbare Erfolge auf der Habenseite.
Dabei hätte der Triumph noch größer sein können, wäre man in der Lage gewesen das Pokalfinale gegen den BFC Dynamo zu gewinnen. So scheiterte man am eigenen Nervenkostüm und der Cleverness eines Thom, der das 1:0 für die Hauptstädter markierte. Der spielerisch nicht überzeugende Kontrahent wäre zu packen gewesen. Aber der große Auftritt sollte im Herbst erfolgen.
Das Los bescherte in der ersten Runde des UEFA-Cups den portugiesischen Vertreter Boavista Porto. 20.000 Besucher im Thälmannstadion sahen eine Heimmannschaft, die souverän und ohne Lampenfieber agierte. Dem druckvollen und ideenreichen Spiel, in dem vor allem Steinmann und Köhler die Akzente setzten, konnte Porto meist nur durch unfaire Härte begegnen. Das 1:0 von Köhler war die logische Konsequenz. Leider sollte das auch das Endergebnis sein. Ein spannendes Rückspiel stand bevor.
In der Verlängerung, die nach dem 1:0 der Portugiesen anstand, gelang den Hausherren schon nach 40 Sekunden die Führung auszubauen. Das Ausscheiden in Runde 1 schien bereits besiegelt, ehe Heidrich in der 105. Minute verkürzen konnte. Immer wieder stürmten die Clubspieler auf das gegnerische Tor. Diese Anstrengungen sollten sich lohnen: in der Schlussminute markierte Ulf Mehlhorn mit einem Kracher aus einer Freistoßsituation, der Ball schoss diagonal von halblinks ins rechte Dreiangel, den Ausgleich. Der FCK war eine Runde weiter!
Es galt nunmehr den Schweizer Vertreter FC Sion zu besiegen. Das Auswärtsspiel ging trotz zwischenzeitlicher Führung durch Laudeley mit 1:2 verloren. Was aber dann im Rückspiel folgte, war eine Demontage der Eidgenossen. Da war es auch gleichgültig, das man als Zuschauer trotz Schirm nass bis auf die Haut war, denn das abgebrannte Feuerwerk war Wärmequelle genug. UEFA-Beobachter Radulescu aus Rumänien schwärmte: "Der Himmel und die Blauen labten die Seele" und der britische Schiedsrichter Snoody bezeichnete Sion gar als "Kanonenfutter". Was war geschehen? In einem rauschenden Spielfluss gelang es Ziffert, Steinmann und Wienhold bereits bis zur Pause einen 3:0 Vorsprung herauszuarbeiten. Später gelang Laudeley sogar noch ein weiteres Tor. Der Sioner Treffer 10 Minuten vor Schluss waren nur noch Kosmetik, souverän erreichte man die nächste Runde, in der ein Traumgegner zugelost wurde: Juventus Turin!
Der Fall der Mauer machte es für 400 Clubfans möglich nach Italien ins Stadio Communale zu fahren. (Teilnehmern der Expedition ist diese Tour bis heute unvergessen, schließlich wurde man nach toller Zugfahrt durch die Alpen von Reportern und Fernsehteams auf dm Bahnhof begrüßt. Der Grund: es waren die ersten Fans einer DDR-Mannschaft, die auf Tour ins kapitalistische Ausland durften.) Was sieh dann schemenhaft durch dicke Nebelschwaden wahrnahmen, war eine Gastmannschaft, die ohne Angst vor großen Namen eine tolle Leistung zeigte, die in der 70. Minute sogar mit der Führung durch Wienhold belohnt wurde. Leider fehlte in letzter Konsequenz die Cleverness, diese Führung über die Zeit zu retten. Die späteren Weltmeister Schillaci und Casiraghi konnten das Blatt in den letzten 10 Minuten noch wenden. Juve kam mit einem blauen Auge davon. Beim Rückspiel blieb das himmelblaue Wunder aus. 28.000 sahen einen 1:0 Sieg der Italiener. Aber der Club schied mit erhobenem Haupt aus dem Wettbewerb.
Der Fußball hatte in Karl-Marx-Stadt eine neue Qualität erreicht. In der darauffolgenden Saison gelang ein Vizemeistertitel. Eine Viertelstunde vor Ende des Spieltages war man sogar noch Meister, am Schluss hatte Dynamo Dresden nur Dank eines besseren Torverhältnisses die Nase vorn.
Im Mai 1990 bekam die Stadt ihren alten Namen Chemnitz zurück. Der FCK wurde auf Druck der Fans in Chemnitzer FC (CFC) umbenannt, die Vereinsoberen hatten zunächst FC Chemnitz favorisiert, aber die Abkürzung FCC klang den meisten dann doch zu sehr nach einem Faschingsverein. Und das war man ja auf keinen Fall: Immerhin spielte man im UEFA-Cup gegen Borussia Dortmund. Der Gegner war aber eine Nummer zu groß. Im letzten deutsch-deutschen Duell unterlag man 2 mal 0:2. In der Nacht zum 3. Oktober 1990 feierten CFC- und BVB-Fans gemeinsam vorm Rathaus ein vereinigtes Deutschland.

 
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